16.02.2022 / dbb beamtenbund und tarifunion

tacheles 1-2/2022: Stufenzuordnung im TV-L – Anerkennung förderlicher Tätigkeitszeiten

© gerd altmann / pixabay.com
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Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat im vorliegenden Fall klargestellt, dass die Anerkennung von Zeiten förderlicher Tätigkeit nach § 16 Absatz 2 Satz 4 TV-L nicht voraussetzt, dass die Bewerbenden bei ihrer Einstellung die Berücksichtigung derartiger Zeiten ausdrücklich verlangen (BAG, Urteil vom 15. Oktober 2021, Aktenzeichen 6 AZR 254/20).

Der Fall
Die Klägerin ist seit September 2014 als Musikschullehrerin mit Unterbrechungen im Schuldienst des beklagten Landes tätig. Zuvor war sie Musikschullehrerin an einer städtischen Musikschule. Auf das Arbeitsverhältnis der Beteiligten findet der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) Anwendung. Das beklagte Land ordnete die Klägerin bei der Einstellung der Entgeltgruppe 9 Stufe 4 TV-L zu. Ohne dass die Klägerin dies verlangt hatte und ohne es zu dokumentieren, berücksichtigte es dabei die Vorbeschäftigungszeiten als förderliche Tätigkeit gemäß § 16 Absatz 2 Satz 4 TV-L. Dies bemängelte bei einer Überprüfung der Landesrechnungshof, woraufhin das beklagte Land die Klägerin aufforderte, Entgelt in Höhe von 778,55 Euro zurückzuzahlen. Es begründete dies mit einer Korrektur der Stufenzuordnung aufgrund der fehlerhaft erfolgten Anerkennung förderlicher Zeiten. Hiergegen wehrt sich die Klägerin. Sie ist der Ansicht, die Stufenzuordnung sei korrekt erfolgt, da sie die einzige Bewerberin für diese Stelle gewesen sei. Deswegen habe das beklagte Land die förderlichen Zeiten zur Deckung des Personalbedarfs berücksichtigen dürfen. Beide Vorinstanzen hatten zugunsten der Klägerin entschieden.

Die Entscheidung
Das BAG bestätigt das Urteil und hält vom beklagten Land eine Korrektur der Stufenzuordnung nicht für ausreichend dargelegt. Dies käme nur dann in Betracht, wenn sich Arbeitgebende bei der Rechtsanwendung und damit auf der Tatbestands-ebene über das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale geirrt haben. Sofern jedoch eine Ermessensausübung erfolgt, ist eine Stufenkorrektur ausgeschlossen. § 16 Absatz 2 Satz 4 TV-L setzt kein – auch nicht ungeschriebenes – Verlangen der Bewerbenden voraus, förderliche Zeiten zu berücksichtigen. Maßgeblich hierfür ist allein das Vorliegen einer objektiv bestehenden Schwierigkeit, den Personalbedarf zu decken. Dann können Arbeitgebende flexibel entscheiden, ob sie förderliche Zeiten anerkennen, die Stellenbesetzung verschieben oder sich mit einem anderen Bewerber begnügen. Nach Ansicht des BAG steht auch das Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit dem nicht entgegen. Denn damit sei nicht zwingend verbunden, möglichst wenig Geld auszugeben, sondern eine Maßnahme genügt dann dem Gebot der Sparsamkeit, wenn sie wirtschaftlich im Sinne des Minimalprinzips sei. Dieses Prinzip verlangt allerdings keinen Mitteleinsatz auf dem untersten möglichen Niveau, sondern den Einsatz, der im konkreten Fall von der Sache her geboten ist. Insoweit genügt es, wenn objektiv nachvollziehbare Gründe für die Anwendung des § 16 Absatz 2 Satz 4 TV-L vorlägen. Das war nach Ansicht des BAG hier der Fall.

Das Fazit
In der Regel wird beim Einstellungsprozess der Impuls, sich um eine höhere Stufenzuordnung zu bemühen, von den Bewerbenden ausgehen. Dennoch können auch Arbeitgebende bei Personalgewinnungsschwierigkeiten von sich aus die Möglichkeit zur Anrechnung förderlicher Zeiten nutzen. Das schafft einen größeren Handlungsspielraum und ist zu begrüßen. Zudem ist die Rechtsprechung auf den TVöD übertragbar, da § 16 Absatz 2 Satz 4 TV-L mit § 16 Absatz 2 Satz 3 TVöD übereinstimmt.

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